Die Coronakrise hinterlässt beim Nachwuchs tiefe gesundheitliche Spuren. Experten rechnen mit vielen chronischen Verläufen und Langzeitfolgen. Wer besonders betroffen ist und welche Erkrankungen auf dem Vormarsch sind.

Pandemiefolgen bei Kindern und Jugendlichen teils dramatisch

5.9.2022 (verpd) Im Zuge der Coronakrise ist die Zahl der erkrankten Kinder und jungen Leute merklich gestiegen. Insbesondere Mädchen sind betroffen. Die Diagnosen betreffen psychische Belastungen, Essstörungen und Fettleibigkeit. Es drohen insbesondere chronische Erkrankungen und längerfristige Folgen bei den Betroffenen.

Der aktuelle Kinder- und Jugendreport der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit zeigt, dass zwar Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und Arzneimittel-Verschreibungen im Jahr 2021 insgesamt zurückgingen. Gleichzeitig nahmen jedoch einzelne Diagnosen wie Depressionen, Essstörungen, Angststörungen und Adipositas zu – „teilweise dramatisch“, so die Krankenkasse.

Mädchen besonders betroffen

Besonders weibliche Jugendliche waren betroffen. 54 Prozent mehr Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren wurden aufgrund von Essstörungen behandelt, 24 Prozent mehr aufgrund von Angststörungen und 18 Prozent mehr aufgrund von Depressionen. In der Gruppe der zehn- bis 14-jährigen Mädchen stieg die Depressions-Neuerkrankungsrate um 23 Prozent.

Parallel dazu erhöhte sich der Anteil der Teenager-Mädchen mit einer Antidepressiva-Behandlung 2021 um 65 Prozent im Vergleich zu 2019. Sie erhielten auch deutlich häufiger eine medikamentöse Behandlung von Essstörungen (plus 75 Prozent) und Angststörungen (plus 19 Prozent).

Bei den Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren wurden mehr Adipositas-Diagnosen (plus 14 Prozent) gestellt als vor der Coronakrise, besonders bei den Jungen. Im Teenageralter fällt die Zunahme bei den männlichen Heranwachsenden (plus 15 Prozent) am stärksten aus im Vergleich zu den Mädchen (plus sechs Prozent).

Es wird mit chronischen Verläufen und Langzeitfolgen gerechnet

Für die Studie wurden 782.000 Behandlungsdaten analysiert. Experten zufolge sind die Ergebnisse einer erhöhten psychischen Belastung „besorgniserregend“. Man rechne mit chronischen Verläufen und Langzeitfolgen.

Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigen in eine ähnliche Richtung: Psychische Erkrankungen waren demnach im Jahr 2020 die häufigste Ursache für stationäre Krankenhaus-Behandlungen von Menschen im Alter von 15 und 24 Jahren.

Hilfsangebote für Kinder, Jugendliche und Eltern

Ein Beratungsangebot speziell für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen, aber auch für hilfesuchende Eltern, gibt es vom Verein Nummer gegen Kummer e.V. Beraten wird hier themenunabhängig, kostenlos und anonym. Hilfe gibt es unter anderem bei Stress mit den Eltern, Freunden oder Mitschülern, bei Essstörungen, Depressionen, Alkohol- oder Drogensucht.

Kinder und Jugendliche können sich bei der NummergegenKummer-Rufnummer 116 111 von Montag bis Samstag ab 14 bis 20 Uhr beraten lassen. Ihnen stehen zudem rund um die Uhr eine Online- sowie eine Chat-Beratung zur Verfügung. Eltern wird unter der Hotline 0800 1110550 von Montag bis Freitag ab 9 bis 17 Uhr und Dienstags sowie Donnerstags ab 9 bis 19 Uhr geholfen.

Ebenfalls kostenlos berät bei psychischen Krisen der Telefonseelsorge Deutschland e.V. Er wird von der katholischen und evangelischen Kirche getragen und bietet rund um die Uhr Hilfe an. Hilfesuchende jeden Alters können sich telefonisch (kostenlose Telefonnummern: 0800 1110111, 0800 1110222 oder 116 123), per Chat oder E-Mail an die Mitarbeiter der Telefonseelsorge wenden.

Eine Zusammenstellung weiterer seriöser Beratungsangebote enthält der online aufrufbare Beratungsführer der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB).