Tritt ein Pflegefall ein, ist es für den Betroffenen und seinen Angehörigen wichtig zu wissen, welche Leistungen einem aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zustehen. Neutrale Ratgeber von offiziellen Stellen helfen dabei.
Kostenlose Ratgeber zur gesetzlichen Pflegeversicherung
25.5.2021 (verpd) Die gesetzlichen Regelungen, was einem Pflegebedürftigen und seinen nahen Angehörigen im Einzelfall für die Pflege zusteht, sind umfangreich und nicht immer einfach zu verstehen. Daher bieten unter anderem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie die Träger der gesetzlichen Pflegeversicherung verschiedene Informations-Möglichkeiten von Broschüren über Onlinetools bis hin zu telefonischer oder Vor-Ort Beratung an.
Jeder Bürger, der in Deutschland wohnt, muss eine gesetzliche Pflegeversicherung mit vorgeschriebenen Mindestleistungen haben. Gesetzlich Krankenversicherte sind diesbezüglich über die soziale Pflegeversicherung (SPV) abgesichert. Träger der SPV sind die gesetzlichen Krankenkassen. Wer privat krankenversichert ist, der ist im Pflegefall mindestens über die Pflegepflicht-Versicherung (PPV) bei einem privaten Krankenversicherungs-Unternehmen versichert.
Um Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein Antrag auf eine Pflegeeinstufung bei der zuständigen Stelle gestellt werden. Bei gesetzlich Krankenversicherten ist das die jeweilige Krankenkasse und bei privat Krankenversicherten der private Krankenversicherer. Welche Leistungen man von der gesetzlichen Pflegeversicherung als Pflegebedürftiger und gegebenenfalls als pflegender Angehöriger beanspruchen kann, hängt unter anderem vom Grad der Pflegebedürftigkeit und der Art der Pflege, also beispielsweise ambulanter oder stationärer Pflege ab.
Informationen im Internet …
Eine umfassende Übersicht über die möglichen Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in seinem Webportal, einem Onlinetool sowie diversen Broschüren.
So informiert der im BMG-Webauftritt aufrufbare Online-Ratgeber Pflege unter anderem darüber, welche Beratung im Pflegefall angeboten wird. Zudem werden die möglichen Leistungen bei einer ambulanten Pflege, also eine Pflege zu Hause, sowie bei einer voll- oder teilstationären Pflege (Pflege im Pflegeheim) aufgeführt.
Einen entsprechend auf die individuelle Situation des Pflegefalles passenden Überblick über die möglichen Pflegeversicherungs-Leistungen gibt der Pflegeleistungs-Helfer des BMG. Es handelt sich hier um ein Onlinetool, das kostenlos im Webportal des BMG aufrufbar ist.
… und in Broschüren des Bundesministeriums für Gesundheit
Eine schnelle Übersicht über die wichtigsten Pflegeversicherungs-Leistungen enthält zudem die kostenlos downloadbare und vor Kurzem aktualisierte 52-seitige Broschüre des BMG „Pflegeleistungen zum Nachschlagen“.
Ausführliche Informationen rund um die Pflege enthält die ebenfalls aktualisierte, 212 Seiten starke BMG-Broschüre „Ratgeber Pflege“. Neben grundsätzlichen Informationen zur gesetzlichen Pflegeversicherung wird hier unter anderem erklärt, wann eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und welche Pflegeversicherungs-Leistungen möglich sind. Zudem werden die Beratungsangebote, die dem Betroffenen und auch seinen Angehörigen nach dem Eintreten eines Pflegefalles zustehen, erläutert.
Ein eigenes Kapitel im Ratgeber zeigt unter anderem auf, welche Leistungen Angehörige, die einen Pflegebedürftigen zu Hause pflegen, in Anspruch nehmen können. Eine eigene Broschüre, nämlich der 146-seitige, beim BMG downloadbare „Ratgeber Demenz“ widmet sich speziell dem Thema der häuslichen Pflege von Demenzkranken. Enthalten sind hier eine Erklärung der Demenzkrankheit, Tipps für den Betreuungsalltag sowie Pflegeversicherungs-Leistungen und Unterstützungshilfen, die die Demenzkranken, aber auch die pflegenden Angehörigen in Anspruch nehmen können
Beratungsangebot, wenn ein Pflegefall eintritt
Jedem Pflegebedürftigen und seinen Angehörigen steht eine individuelle und kostenlose Pflegeberatung zu. Ein entsprechendes Beratungsangebot erfolgt in der Regel automatisch, sofern Leistungen aus der SPV oder PPV beantragt wurden. Die Anlaufstelle für die Pflegeberatung ist für gesetzlich Krankenversicherte die jeweilige Krankenkasse, bei der man kranken- und pflegeversichert und in der auch die Pflegekasse integriert ist. Zudem gibt es auch sogenannte Pflegestützpunkte, die regional verteilt sind und an die man sich wenden kann.
Privat Krankenversicherte können sich für die Pflegeberatung an die bundesweit zuständige Compass private Pflegeberatung GmbH (www.compass-pflegeberatung.de) unter der Telefonnummer 0800 1018800 wenden. Da die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung unter anderem von der Höhe der Pflegebedürftigkeit des Betroffenen, dem sogenannten Pflegegrad, abhängt, wird dieser im Rahmen eines Gutachtens festgestellt.
Bei gesetzlich krankenversicherten Pflegebedürftigen erfolgt die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einstufung des Pflegegrades in der Regel durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), bei privat Krankenversicherten durch die Medicproof GmbH.
Leistungen für ambulante Pflege …
Je nach Pflegegrad stehen einem Pflegebedürftigen, der ambulant, also zu Hause gepflegt wird, ein Pflegegeld und/oder beim Einsatz eines ambulanten Pflegedienstes auch sogenannte Pflegesachleistungen zu. Auch eine Kombination aus beiden Leistungen ist möglich, dann kürzen sich die Leistungen anteilig zur Inanspruchnahme.
Pflegegeld und/oder Pflegesachleistung pro Monat | ||
Pflegegrad | Maximales Pflegegeld | Maximale Pflegesachleistung |
Pflegegrad 1 | – | – |
Pflegegrad 2 | 316 Euro | 689 Euro |
Pflegegrad 3 | 545 Euro | 1.298 Euro |
Pflegegrad 4 | 728 Euro | 1.612 Euro |
Pflegegrad 5 | 901 Euro | 1.995 Euro |
Datenquelle: Bundesministerium für Gesundheit |
Notwendige Pflegehilfsmittel zum Verbrauch wie Einmalhandschuhe oder Betteinlagen erhält man gegen einen Eigenanteil von bis zu 40 Euro pro Monat. Für technische Pflegehilfsmittel, darunter zählen ein Rollstuhl, ein Pflegebett oder auch ein Notrufsystem, muss man maximal 25 Euro Zuzahlung je Hilfsmittel leisten. Daneben gibt es auch Zuschüsse für pflegegerechte Umbaumaßnahmen. Pflegende Angehörige können unter anderem einen Anspruch auf kostenlose Pflegekurse, eine (Familien-)Pflegezeit und ein Pflegeunterstützungs-Geld haben.
… und stationäre Pflege
Für eine vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim oder auch eine Kurzzeit-, Tages- oder Nachtpflege (teilstationäre Pflege) erhält man je nach Pflegegrad eine Pauschale für die Pflegeaufwendungen.
Pauschalleistung für stationäre Pflege | |||
Pflegegrad | Vollstationäre Pflege: Maximale Pauschalleistung pro Monat | Tages- oder Nachtpflege: Maximale Pauschalleistung pro Monat | Kurzzeitpflege: Maximale Pauschalleistung |
Pflegegrad 1 | 125 Euro | Entlastungsbetrag bis zu 125 Euro | Entlastungsbetrag bis zu monatlich 125 Euro |
Pflegegrad 2 | 770 Euro | 689 Euro | pro Kalenderjahr maximal 1.612 Euro / ohne Leistungen aus der Verhinderungspflege bis zu 3.224 Euro |
Pflegegrad 3 | 1.262 Euro | 1.298 Euro | pro Kalenderjahr maximal 1.612 Euro / ohne Leistungen aus der Verhinderungspflege bis zu 3.224 Euro |
Pflegegrad 4 | 1.775 Euro | 1.612 Euro | pro Kalenderjahr maximal 1.612 Euro / ohne Leistungen aus der Verhinderungspflege bis zu 3.224 Euro |
Pflegegrad 5 | 2.005 Euro | 1.995 Euro | pro Kalenderjahr maximal 1.612 Euro / ohne Leistungen aus der Verhinderungspflege bis zu 3.224 Euro |
Datenquelle: Bundesministerium für Gesundheit |
Eine Pauschalleistung von bis zu 1.612 Euro im Kalenderjahr ist möglich, wenn während einer ambulanten Pflege der pflegende Angehörige selbst erkrankt oder eine Auszeit benötigt und deswegen eine Verhinderungspflege für bis zu sechs Wochen notwendig ist. Auch eine Kombination von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege ist möglich, dann stehen dafür maximal 2.418 Euro im Kalenderjahr zur Verfügung. Wird keine Verhinderungspflege in Anspruch genommen wird für die Kurzzeitpflege bis zu 3.224 Euro im Kalenderjahr bezahlt.
Die Pauschalleistungen reichen jedoch nicht aus, um die stationären Pflegekosten zu decken. Der einrichtungs-einheitliche Eigenanteil (EEE), den man für eine stationäre Pflege zusätzlich zu tragen hat, setzt sich aus den Kosten für die Unterkunft, Verpflegung, Investitionskosten des Pflegeheims und aus einem Teil der pflegebedingten Kosten zusammen. Der EEE ist laut Gesetz für Pflegegrad 2 bis 5 zwar gleich hoch, das heißt ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 5 zahlt für die Pflege genauso viel dazu wie mit Pflegegrad 2. Allerdings unterscheidet sich der Eigenanteil von Einrichtung zu Einrichtung.
Gesetzlicher Schutz mit finanziellen Lücken
Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet prinzipiell nur eine Teilabsicherung der anfallenden Pflegekosten. So zeigt eine vor Kurzem veröffentlichte Statistik des Verbandes der Ersatzkassen e.V. (VDEK), dass der Eigenanteil für eine stationären Pflege, den ein Pflegebedürftiger trotz der Pflegeversicherungs-Leistungen aktuell zahlt, im bundeweiten Schnitt bei 2.068 Euro pro Monat liegt. Je nach Bundesland sind es monatlich zwischen 1.465 und 2.460 Euro.
Auch bei der ambulanten Pflege reichen die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung oft nicht, um die tatsächlich notwendigen Ausgaben abzudecken. Die restlichen Pflegekosten hat der Pflegebedürftige aus seinem Einkommen und Vermögen zu zahlen. Reicht auch dies nicht, müssen unter Umständen auch die Angehörigen einen Teil der Pflegekosten übernehmen. Zwar ist seit letztem Jahr gemäß dem Angehörigen-Entlastungsgesetz ein Kind oder ein Elternteil mit einem Bruttojahreseinkommen von bis zu 100.000 Euro nicht zur Übernahme der Pflegekosten verpflichtet.
Diese Regelung gilt jedoch nicht für den Ehepartner des Pflegebedürftigen, das heißt, der Ehepartner muss eventuell mit seinem Einkommen und/oder Vermögen die restlichen Pflegekosten zumindest teilweise begleichen. Wer sicher sein möchte, dass er und seine Angehörigen im Falle einer Pflegebedürftigkeit finanziell abgesichert sind, sollte frühzeitig mithilfe einer privaten Pflegezusatz-Versicherung vorsorgen. Je nach Vertragsgestaltung gibt es dafür auch staatliche Zuschüsse bis zu einer Höhe von 60 Euro im Jahr.