Die gesetzliche Pflegeversicherung ist nur eine Teilabsicherung – ein Teil der Pflegekosten sind vom Pflegebedürftigen und unter Umständen auch von seinen nahestehenden Angehörigen wie seinen Kindern zu zahlen. Ein neues Gesetz entlastet nun einen Großteil der Kinder.
Finanzielle Entlastung der Kinder pflegebedürftiger Eltern
9.12.2019 (verpd) Rund 1.930 Euro muss ein Pflegebedürftiger aktuell im Schnitt aus der eigenen Tasche zahlen, wenn er eine Pflege im Pflegeheim benötigt. Reichen das eigene Einkommen und Vermögen nicht, müssen unter Umständen auch die Kinder des Pflegebedürftigen einen Teil der Kosten tragen. Nach einem jüngst verabschiedeten Gesetz werden Kinder ab Anfang 2020 jedoch erst ab einem Bruttojahreseinkommen von über 100.000 Euro zur Begleichung der Pflegekosten für einen pflegebedürftigen Elternteil herangezogen.
Eine Datenauswertung zeigt, dass zusätzlich zu den Leistungen der sozialen (gesetzlichen) Pflegeversicherung ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad zwei bis fünf im bundesweiten Durchschnitt aktuell fast 1.930 Euro im Monat für eine vollstationäre Pflege selbst tragen muss. Für die Auswertung wurden vom Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband) über 11.000 der rund 14.000 vollstationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland analysiert.
Reichen Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung
nicht aus, übernimmt die Kosten häufig das Sozialamt. Allerdings kann das Sozialamt unter Umständen auch von den erwachsenen Kindern des Pflegebedürftigen einen Teil der Pflegekosten einfordern. Vor Kurzem wurde jedoch ein Gesetz beschlossen, welches regelt, dass Kinder erst ab einem Bruttojahreseinkommen von über 100.000 Euro zur entsprechenden Unterhaltszahlung herangezogen werden können.
Bisherige Regelung
Zwar gab und gibt es bisher bereits einen sogenannten Selbstbehalt für ein unterhaltspflichtiges Kind, der sich nach individuellen Faktoren und der sogenannten Düsseldorfer Tabelle richtet. Erst wenn das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen des Kindes höher ist als dieser Selbstbehalt, muss das Kind einen Teil der Pflegekosten des bedürftigen Elternteils übernehmen. Konkret kann maximal die Hälfte des bereinigten Nettoeinkommens, das über dem Selbstbehalt liegt, zum Unterhalt herangezogen werden.
Zur Ermittlung des bereinigten Nettoeinkommens werden vom verfügbaren Einkommen wie Nettogehalt und Mieteinnahmen unter anderem berufsbedingte Aufwendungen wie Fahrtkosten zur Arbeit, private Altersvorsorgekosten und Hauskreditraten bis zu einer bestimmten Höhe abgezogen. Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, kann unter Umständen aber zudem ein Teil des Einkommens des Ehepartners – also des Schwiegerkindes des Pflegebedürftigen – als Nettoeinkommen angerechnet werden, allerdings ist hier auch der Selbstbehalt höher.
Bei einem Alleinstehenden liegt der Selbstbehalt laut Düsseldorfer Tabelle aktuell bei mindestens 1.800 Euro Nettoeinkommen inklusive 480 Euro Warmmiete. Beträgt beispielsweise das bereinigte Einkommen eines Alleinstehenden 3.000 Euro monatlich, können maximal 600 Euro (3.000 Euro minus 1.800 Euro = 1.200 Euro und davon die Hälfte, also 600 Euro) für Unterhaltszahlungen herangezogen werden.
Neu ab 1. Januar 2020
Nach dem neuen Angehörigen-Entlastungsgesetz, das Ende November vom Bundesrat verabschiedet wurde, muss ein Kind eines Pflegebedürftigen, erst wenn es über 100.000 Euro Jahresbruttoeinkommen hat, für die Pflege des unterhaltsberechtigten Elternteils mit aufkommen. Das neue Gesetz wird voraussichtlich zum 1. Januar 2020 in Kraft treten und gilt ab dann für alle bestehenden und künftigen Pflegefälle. Eine Rückerstattung aufgrund der neuen Regelung für Unterhaltszahlungen, die vor dem 1. Januar 2020 geleistet wurden, gibt es daher nicht.
Schon seit Längerem gilt übrigens die genannte Einkommensgrenze für erwachsene Kinder, deren Eltern eine Sozialhilfe in Form einer Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten. Auch in diesem Fall kann das Sozialamt einen Teil des an den bedürftigen Elternteil gezahlten Sozialhilfebetrags vom unterhaltspflichtigen Kind nur verlangen, wenn dessen Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Im Pflegefall gilt die genannte Einkommensgrenze jedoch nicht für den Ehepartner des Pflegebedürftigen.
Auch für den Ehepartner des unterhaltspflichtigen Kindes gilt die Regelung nur indirekt. Denn ein Kind eines Pflegebedürftigen muss sich nur an den Pflegekosten beteiligen, wenn es über 100.000 Euro Bruttoeinkommen hat. Das heißt, auch nur dann wird unter bestimmten Umständen das Einkommen der Schwiegertochter oder des Schwiegersohns des Pflegebedürftigen teilweise zur Unterhaltsberechnung mit herangezogen. Weitere Details zur neuen Regelung des Unterhalts von Angehörigen im Pflegefall enthält das Webportal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.