Eine aktuelle Datenauswertung zeigt, dass der Eigenanteil eines Pflegebedürftigen für die stationäre Pflege innerhalb von zwölf Monaten im bundesweiten Durchschnitt um fast 16 Prozent und je nach Region sogar um bis zu 25 Prozent gestiegen ist.

Eigenanteil für die stationäre Pflege auf neuem Rekordwert

24.7.2023 (verpd) Laut einer Datenanalyse des Verbands der Ersatzkassen müssen aktuell Personen mit Pflegegrad zwei bis fünf für das erste Jahr einer stationären Pflege durchschnittlich fast 2.550 pro Monat aus der eigenen Tasche zahlen. Das ist deutlich mehr als noch vor sechs oder zwölf Monaten. Zudem gibt es erhebliche regionale Unterschiede.

Seit 2017 haben sich die Leistungen der gesetzlichen (sozialen) Pflegeversicherung (SPV) für eine stationäre Pflege nur wenig verändert. Die Kosten sind dagegen deutlich gestiegen. Dadurch müssen Pflegebedürftige für eine vollstationäre Pflege nach Abzug der Leistungen der gesetzlichen (sozialen) Pflegeversicherung einen immer höheren Eigenbetrag aufwenden. Dies belegt auch die neuste Datenanalyse des Verbands der Ersatzkassen e.V. (VDEK).

Der Verband wertet alle sechs Monate den Eigenanteil aus, den Pflegebedürftige mit Pflegegrad zwei bis fünf für eine stationäre Pflege aufwenden müssen. So mussten Betroffene für eine vollstationäre Pflege nach Abzug der Leistungen der SPV zum Stichtag 1. Juli 2023 im ersten Jahr der stationären Pflege bundesweit im Schnitt 2.548 Euro je Monat selbst bezahlen.

Das waren 5,7 Prozent beziehungsweise 137 Euro mehr als vor sechs Monaten und sogar 15,8 Prozent oder 348 Euro mehr als vor einem Jahr. Am 1. Juli 2022 lag der Eigenanteil noch bei 2.200 Euro und am 1. Januar 2023 bei 2.411 Euro.

Datenanalyse der Vergütungssätze

Grundlage der VDEK-Auswertung sind die aktuellen Vergütungssätze der Vergütungsverträge, die der VDEK mit den Pflegeeinrichtungen abschließt. Nachdem jedes Pflegeheim unterschiedliche Kosten für den Pflegeaufwand, für Unterkunft und Verpflegung und für Investitionskosten wie Instandhaltungskosten des Pflegeheims verlangen kann, handelt es sich bei den Ergebnissen um Durchschnittswerte. Je Einrichtung können daher die Eigenanteile auch höher oder niedriger sein.

Je nach Pflegegrad des Pflegebedürftigen wird seit nunmehr sechs Jahren der gleiche Pauschalbetrag von der SPV für die reine Pflege, also für die medizinische Betreuung und Behandlung im Pflegeheim bezahlt. Monatlich sind das 125 Euro bei Pflegegrad 1, 770 Euro bei Pflegegrad 2, 1.262 Euro bei Pflegegrad 3, 1.775 Euro bei Pflegegrad 4 und 2.005 Euro bei Pflegegrad 5.

Da die tatsächlichen Pflegekosten den SPV-Pauschalbetrag übersteigen, muss der Pflegebedürftige zusätzlich einen sogenannten einrichtungs-einheitlichen Eigenanteil (EEE) für die Pflege selbst bezahlen. Dieser EEE ist nach gesetzlichen Vorgaben für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad zwei bis fünf, die im gleichen Pflegeheim untergebracht sind, identisch und damit unabhängig von den individuellen Pflegekosten, die für den Betreffenden vom Heim aufzubringen sind.

Seit 2022 erhalten Pflegebedürftige zum EEE einen Zuschuss. Dieser beträgt bis zwölf Monaten fünf Prozent, bei über zwölf bis 24 Monaten 25 Prozent, bei über 24 bis 36 Monaten 45 Prozent und bei über 36 Monaten 70 Prozent des EEE.

So wirkt sich der Vergütungszuschlag aus

Insgesamt muss ein Pflegebedürftiger für die stationäre Pflege neben dem verbleibenden EEE auch die Kosten für die Unterkunft, Verpflegung und die Investitionskosten allein tragen. Ohne den EEE-Zuschuss wären das zum 1. Juli 2023 2.610 Euro und damit im Vergleich zum Vorjahr 16,1 Prozent oder 362 Euro mehr.

Im Detail liegt aktuell die Eigenbeteiligung für die Unterkunft und Verpflegung im bundesweiten Durchschnitt bei 888 Euro und damit 9,1 Prozent oder 74 Euro höher als zwölf Monate zuvor. Für die Investitionskosten werden im Schnitt 477 Euro berechnet, 8 Euro (1,7 Prozent) mehr als zum 1. Juli 2022. Der EEE ohne Zuschuss hat sich im Vergleichszeitraum vom 964 Euro auf 1.245 Euro erhöht – plus 29,1 Prozent beziehungsweise 281 Euro.

„Grund für die starke Erhöhung des EEE ist vor allem die seit September 2022 geltende Tariftreue-Regelung, wonach das Pflegepersonal mindestens nach Tarif zu vergüten ist und diese Kosten eins zu eins in den Pflegesatz eingepreist werden müssen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Tarifentwicklung und der seit 1. Juli 2023 umzusetzenden neuen Personalbemessung in der Pflege ist davon auszugehen, dass der EEE bis zum Jahresende weiter ansteigt“, betont die VDEK.

Durch den Zuschuss zur EEE verringert sich im bundesweiten Schnitt bei einer bisherigen Pflegedauer bis zwölf Monaten die Eigenbeteiligung um 62 Euro, bei über zwölf bis 24 Monaten um 311 Euro, bei mehr als 24 bis 36 Monaten um 560 Euro und bei über 36 Monaten um 871 Euro. Der gesamte monatliche Eigenanteil eines Pflegebedürftigen beträgt damit immer noch zwischen 1.738 Euro nach 36 Monaten Pflegedauer und 2.548 Euro innerhalb der ersten zwölf Monate der stationären Pflege.

Regionaler Unterschied für das erste Jahr bis 46 Prozent

Unter anderem durch die regionalen Unterschiede beim Lohnniveau, den Immobilienpreisen und bei den Lebenshaltungskosten, variiert auch der durchschnittliche Eigenanteil für eine stationäre Pflege je nach Bundesland erheblich.

Mit durchschnittlich 2.913 Euro im ersten Jahr wird in Baden-Württemberg am meisten verlangt. Das sind 14,3 Prozent beziehungsweise 365 Euro im Monat mehr als im Bundesdurchschnitt. In Sachsen-Anhalt ist der Selbstbehalt mit durchschnittlich 1.994 Euro am niedrigsten. Das sind 27,8 Prozent beziehungsweise 554 weniger als der deutschlandweite Durchschnittswert.

Pflegebedürftige müssen damit in Baden-Württemberg 46,0 Prozent beziehungsweise 919 Euro mehr für die stationäre Pflege aus der eigenen Tasche zahlen als in Sachsen-Anhalt.

Stationäre Pflege je nach Pflegedauer*: Monatlicher Eigenanteil eines Pflegebedürftigen** in Euro
Bundesland Bis Ende des 12. Monats *** 13. bis 24. Monat 25. bis 36. Monat Über 36 Monate
Bundesweiter Durchschnitt 2.548 2.299 2.050 1.738
Baden-Württemberg 2.913 2.603 2.293 1.905
Bayern 2.448 2.182 1.916 1.583
Berlin 2.509 2.217 1.926 1.561
Brandenburg 2.256 2.008 1.761 1.452
Bremen 2.504 2.281 2.057 1.777
Hamburg 2.436 2.225 2.014 1.751
Hessen 2.503 2.251 1.998 1.683
Mecklenburg-Vorpommern 2.236 1.990 1.743 1.436
Niedersachsen 2.306 2.086 1.867 1.592
Nordrhein-Westfalen 2.801 2.571 2.341 2.054
Rheinland-Pfalz 2.659 2.426 2.194 1.904
Saarland 2.841 2.574 2.307 1.973
Sachsen 2.387 2.129 1.871 1.548
Sachsen-Anhalt 1.994 1.785 1.575 1.313
Schleswig-Holstein 2.442 2.219 1.996 1.718
Thüringen 2.248 2.024 1.800 1.520
Stand 1. Juli 2023, *Mit Berücksichtigung des Vergütungszuschlags, je nach Pflegedauer, **Pflegegrade 2 bis 5, ***Dauer der bisherigen stationären Pflege. Datenquelle: VDEK-Datenauswertung

25 Prozent Erhöhung in Mecklenburg-Vorpommern

Insgesamt ist der Eigenanteil eines Pflegebedürftigen in allen Bundesländern und bei jeder Pflegedauer vom 1. Juli 2022 auf den 1. Juli 2023 gestiegen.

Die größte prozentuale Steigerung für das erste Jahr der stationären Pflege gab es in Mecklenburg-Vorpommern. Hier müssen Pflegebedürftige aktuell 25,2 Prozent und damit 450 Euro mehr bezahlen als vor einem Jahr.

Den höchsten Anstieg im Gesamtbetrag in den ersten zwölf Monaten einer Pflege hat dagegen Sachsen, mit einer Erhöhung des monatlichen Eigenanteils um 461 Euro. Die kleinste Anhebung des Eigenanteils mit plus 252 Euro gab es in Hamburg. Anteilig die niedrigste Erhöhung hatten die Pflegebedürftigen binnen der letzten zwölf Monate in Nordrhein-Westfalen mit 10,3 Prozent.

Regionale Erhöhung des Eigenanteils* eines Pflegebedürftigen** in Euro je nach Pflegedauer***
Bundesland Bis Ende des 12. Monats 13. bis 24. Monat 25. bis 36. Monat Über 36 Monate
Bundesweiter Durchschnitt 348 EUR / 15,8% 292 EUR / 14,5% 236 EUR / 13,0% 165 EUR / 10,5%
Baden-Württemberg 358 EUR / 14,0% 305 EUR / 13,3% 252 EUR / 12,3% 186 EUR / 10,8%
Bayern 266 EUR / 12,2% 223 EUR / 11,4% 180 EUR / 10,3% 126 EUR / 8,7%
Berlin 390 EUR / 18,4% 324 EUR / 17,1% 257 EUR / 15,4% 174 EUR / 12,5%
Brandenburg 398 EUR / 21,5% 332 EUR / 19,8% 267 EUR / 17,9% 185 EUR / 14,6%
Bremen 326 EUR / 15,0% 271 EUR / 13,5% 215 EUR / 11,7% 145 EUR / 8,9%
Hamburg 252 EUR / 11,6% 210 EUR / 10,4% 167 EUR / 9,1% 115 EUR / 7,0%
Hessen 384 EUR / 18,1% 315 EUR / 16,3% 245 EUR / 14,0% 160 EUR / 10,5%
Mecklenburg-Vorpommern 450 EUR / 25,2% 371 EUR / 22,9% 291 EUR / 20,1% 193 EUR / 15,5%
Niedersachsen 431 EUR / 23,0% 363 EUR / 21,1% 296 EUR / 18,8% 211 EUR / 15,3%
Nordrhein-Westfalen 261 EUR / 10,3% 219 EUR / 9,3% 177 EUR / 8,2% 124 EUR / 6,4%
Rheinland-Pfalz 315 EUR / 13,4% 275 EUR / 12,8% 236 EUR / 12,1% 188 EUR / 10,9%
Saarland 358 EUR / 14,4% 306 EUR / 13,5% 254 EUR / 12,4% 188 EUR / 10,5%
Sachsen 461 EUR / 23,9% 385 EUR / 22,1% 309 EUR / 19,7% 213 EUR / 16,0%
Sachsen-Anhalt 333 EUR / 20,0% 277 EUR / 18,4% 220 EUR / 16,2% 150 EUR / 12,9%
Schleswig-Holstein 418 EUR / 20,7% 347 EUR / 18,5% 277 EUR / 16,1% 189 EUR / 12,4%
Thüringen 391 EUR / 21,0% 318 EUR / 18,6% 245 EUR / 15,8% 154 EUR / 11,3%
Stand 1. Juli 2023, *Mit Berücksichtigung des Vergütungszuschlags, je nach Pflegedauer, **Pflegegrade 2 bis 5, ***Dauer der bisherigen stationären Pflege. Datenquelle: Berechnungen auf Grundlage der VDEK-Datenauswertung

Frühzeitig vorsorgen

Wie die VDEK-Daten zeigen, übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten für die Pflege von Pflegebedürftigen – das gilt im Übrigen nicht nur für die stationäre Pflege. Auch bei der ambulanten Pflege muss ein Pflegebedürftiger mit zusätzlichen Kosten rechnen, da auch hier die Leistungen der SPV nicht ausreichen.

Daher sollte man beispielsweise mit einer privaten Pflegezusatz-Versicherung entsprechend vorsorgen, um nicht zum Sozialhilfefall zu werden und/oder zur finanziellen Belastung der Angehörigen. Denn reicht das eigene Einkommen und Vermögen zusammen mit den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht aus, sind unter Umständen auch der Ehepartner und/oder die eigenen Kinder verpflichtet, einen Teil der restlichen Pflegekosten zu übernehmen.

Möglich ist eine Vorsorge mit einer privaten Pflegezusatz-Versicherung, die je nach Vertragsgestaltung auch staatlich gefördert wird. Eine solche Pflegevorsorge ist bereits in jungen Jahren sinnvoll. Zum einen ist die monatliche Prämienbelastung für eine solche Police erheblich günstiger, wenn diese in jungen Jahren abgeschlossen wird, zum anderen kann eine Pflegebedürftigkeit durch Unfall oder Krankheit auch eintreten, wenn man jung ist.