Ob man vom Erbe eines Angehörigen Anspruch auf einen Pflichtteil hat, hängt unter anderem vom Verwandtschaftsgrad ab. Wer als gesetzlicher Erbe seinen Pflichtteil einfordern möchte, muss zudem bestimmte Fristen einhalten, um nicht leer auszugehen.
Was man über den Pflichtteil im Erbfall wissen sollte
4.3.2019 (verpd) Inwieweit man Anspruch auf einen Pflichtteil hat, hängt unter anderem vom Familienstand des Verstorbenen und vom Verwandtschaftsgrad ab. Auch wenn ein verstorbener Angehöriger sein Vermögen per Testament einem anderen vermacht hat und man diesbezüglich selbst nichts oder wenig vom Erblasser vererbt bekommt, kann es sein, dass der Pflichtteil, der einem möglicherweise zusteht, höher ist. Um den Pflichtteil zu erhalten, ist es wichtig, bestimmte Fristen einzuhalten.
Ist nach einem Todesfall kein Testament oder Erbvertrag des Verstorbenen vorhanden, erben nach der gesetzlichen Erbfolge der Ehepartner und die Kinder, beziehungsweise, wenn die Kinder verstorben sind, deren Kinder (Enkelkinder). Hat der Verstorbene weder einen Ehepartner noch Kinder oder Enkelkinder, geht das Erbe auf seine Eltern und seine Geschwister oder deren Kinder über. Sind auch keine Eltern oder Geschwister oder deren Nachkommen vorhanden, erben die Großeltern und deren Nachkommen, wie Tanten und Onkel des Verstorbenen.
Geregelt ist die gesetzliche Erbfolge in den Paragrafen 1922 und folgende BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Grundsätzlich kann man sein Hab und Gut mit einem Testament oder Erbvertrag aber auch völlig anderen Personen als den gesetzlichen Erben vermachen. Allerdings kann man weder seinen Ehepartner noch die Kinder oder Kindeskinder, oder, wenn man kinderlos und nicht verheiratet ist, auch die Eltern nicht komplett vom Erbe ausschließen. Denn ihnen steht gemäß Paragraf 2303 BGB der sogenannte Pflichtteil, also eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Erbe eines Verstorbenen zu.
Anspruch auf einen Pflichtteil
Beim Pflichtteil handelt es sich um einen persönlichen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, das dem Angehörigen, der pflichtteilberechtigt ist, ohne Vorhandensein eines Testaments oder Erbvertrags zugestanden hätte. Das heißt, ein Anrecht auf die Aushändigung einer bestimmten Sache aus dem Nachlass des Verstorbenen wie eines Bildes oder einer Vase besteht nicht.
Der Pflichtteil muss innerhalb drei Jahre nach Kenntnis des Erbfalles ausdrücklich vom Pflichtteils-Berechtigten bei den testamentarischen Erben eingefordert werden, anderenfalls verjährt der Anspruch und er erhält nichts. Weigern sich die Erben, die im Testament aufgeführt sind, den Pflichtteil rechtsverbindlich schriftlich anzuerkennen, sollte der Pflichtteilberechtigte laut Experten seinen Pflichtteil gerichtlich einklagen oder einen Mahnbescheid erstellen lassen, und zwar noch innerhalb der Verjährungsfrist.
Ein Erblasser kann laut Paragraf 2333 BGB einem Angehörigen den ihm zustehenden Pflichtteil nur aus wenigen Gründen entziehen. Laut Gesetz ist das zum Beispiel nur möglich, wenn der Angehörige, der eigentlich pflichtteilsberechtigt wäre, „dem Erblasser, dem Ehegatten oder einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser nahestehenden Person nach dem Leben trachtet“. Dies wäre dann der Fall, wenn der Pflichtteilsberechtigte den Tod einer der genannten Personen herbeigeführt oder dies versucht hat.
Gründe, für eine Entziehung des Pflichtteils
Ein weiterer Grund wäre, wenn der Pflichtteilberechtigte „sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen“ den Erblasser, dessen Ehegatten oder einen anderen Abkömmling oder einer anderen dem Erblasser ähnlich nahestehenden Person schuldig macht.
Ein Pflichtteil kann laut Gestetz zudem entzogen werden, wenn ein Angehöriger „die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist“.
„Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird“, heißt es in Paragraf 2333 BGB weiter. Der Erblasser muss übrigens für eine Entziehung des Pflichtteils den jeweiligen Grund dafür im Testament oder Erbvertrag aufführen.
Erbunwürdig
Ein per Testament oder Erbvertrag bedachter Erbe oder ein gesetzlicher Erbe kann unter Umständen auch den Pflichtteil einem Angehörigen verweigern, nämlich dann, wenn man nachweisen kann, dass der Pflichtteilberechtigte gemäß Paragraf 2339 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) erbunwürdig ist. Die Erbunwürdigkeit tritt allerdings nicht automatisch ein, sondern muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis eines entsprechenden Grundes gerichtlich geltend gemacht werden.
Erbunwürdig ist laut Gesetz derjenige, der vorsätzlich den Erblasser getötet hat oder es versucht hat. Das Gleiche gilt auch für denjenigen, der den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich daran hinderte, ein Testament oder Erbvertrag zu erstellen oder zu ändern. Ebenfalls erbunwürdig ist jemand, der den Erblasser mit einer arglistigen Täuschung oder Drohung daran gehindert hat, ein Testament zu erstellen oder es zu ändern, sowie derjenige, der das Testament des Erblassers gefälscht hat.
Sonstige Gründe, wie ein Streit zu Lebzeiten zwischen Erblasser und Angehörigen, oder dass jahrelang kein Kontakt zwischen beiden bestand, reichen nicht aus, um einen Pflichtteil zu verweigern. Möchte man als Erblasser sichergehen, dass eine Lebensversicherung an eine bestimmte Person im Todesfall ausgezahlt wird oder dass die (Pflichtteil-)Auszahlung eines Hinterbliebenen für die anderen Erben keine Probleme bereitet, sollte man sich mit dem Versicherungsvermittler beraten. Denn beides ist je nach Lebensversicherungsart und Policengestaltung möglich.